Löcher stopfen

Veröffentlicht am 10. März 2023 um 13:21

oder,  Allgegenwärtig aber wenig sichtbar

 

Liebe Lehmfärber und Lehmfärberinnen.

Neulich, wurde ich nach dem Schlaf mal wieder wach. Soweit ich mich erinnere, passiert mir das eigentlich bis Dato, ständig so.
Diesmal hatte sich aber noch ein Bild, vermutlich aus meinen Träumen, hinein in meinen Dösmodus, verhakt. Es geleitete mich auch noch bis ins hier und wach. Das, wiederum, soweit ich mich erinnere, passiert mir äußerst selten.
Weil es so selten passiert, grübelte ich noch etwas darüber nach. Ich sah ein altes Schiff, völlig durchlöchert. Ich sah es von innen. Wie durchsiebt, drangen überall Rinnsale ins Schiff. Irgendwie in meiner Erinnerung, war es auch gar kein Albtraum. Es war klar, wenn keiner was unternimmt, gluckert der Kahn mit allen Passagieren einfach mal so ab. Und langsam kommen noch einige Bilder mehr zurück. Das Schiff war voller Menschen. Viele davon saßen apathisch herum oder unterhielten sich über vergangene und nächste Urlaube. Viele stritten sich mehr oder weniger ekstatisch. Aber ein  paar wenige kümmerten sich sogar um das Verstopfen der besagten Löcher. Ganz vereinzelt verirrten sich auch ein paar Menschlein zu den Löchern, in die schon Wasser eindrang, weit unter der Wasserlinie. Ich konnte aber nicht abschätzen wie viele es sind, da diese, meist abgetaucht, nicht sichtbar waren.
Warum träume ich sowas? Zumindest die Weltlage, in der gerade "Retten was zu retten ist", angesagt sein müsste, würde ja assoziativ gut drauf passen.
                               Es schien, als zweifeln einige daran, dass das Schiff wegen ein paar Löchern überhaupt sinkt. Vielleicht weil sie nicht nur stur geradeaus dachten, sondern auch quer. Vermutlich hatten sie bei Ihrer Videorecherche auch die Sache mit dem Holzfloß entdeckt. Das wurde mit zahlreichen Löchern durchbohrt. Es ging nicht unter, dafür aber viral. Gleichso das Styroporschiff, von dem Professor auf Telegramm, das den gleichen Effekt bediente.
Andere sind sich dennoch sicher, dass das Schiff bald oder später (darüber streitet man noch) sinken wird. Aber was soll man dagegen machen, was soll es bringen, wenn ansonsten auch keiner was macht.
Wieder andere möchten trotz allem aktiv werden. Nicht immer nur der Notwendigkeit wegen.
Ist ja nicht schlimm, wenn man das Wohl und Wehe der Welt mit eigenem Wohlbefinden verbinden kann. Etwas Anerkennung tut da immer gut. Die Zeiten sind ja so schon reichlich hart genug, und irgendwoher muss die Motivation ja kommen. Als vernunftbegabte Wesen wissen wir schließlich selbst am besten, was gut und wichtig für uns ist. Deswegen haben wir Gott auch abgeschaft. Die Suche nach Anerkennung ist allerdings bei uns geblieben. Ein prima Motivator.
Unter diesem wenig verwerflichem Aspekt, wäre es doch wirklich sinnvoller, die Löcher über der Wasserlinie zu stopfen. Hier wird man gesehen und gefeiert und vielleicht animiert man so auch andere zum Mitstopfen. Das hat man alles nicht, wenn man nur unter die Wasserlinie taucht und dort die Löcher stopft. Es wäre eine extrem undankbare Aktion. Man ist dann praktisch unsichtbar.

Und tatsächlich, laut und sichtbar, funktioniert. Einige Angesteckte, die sich gleichgesinnen lassen und einfach dabei sein wollen kommen dazu.
Aber, um so mehr Löcherstopfer es werden, um so mehr Sichtbarkeit verliert wiederum jeder Einzelne. Man muss so schon etwas extrovertierte Kreativität in seine Mission bringen, z. B. in dem man sich besonders große Löcher in guter Lage vornimmt. Medienmagnetisch wäre es sicher auch gut wirksam, um das ganze Anliegen noch einmal richtig zu boostern. Gut so, Aufmerksamkeit da hin, wo sie besonders wichtig scheint. So erreicht man das gesteckte Ziel zwar auch nicht unbedingt, dafür aber viel schneller. Am besten noch lautstark diskutieren, welche Löcher von wem, wie gestopft werden dürfen? Am besten alles Medienverstärkt abhandeln. Mit der 4. Gewalt, wie es so schön heißt.
Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Statistiken über Demokratiefeindlichkeit oder fragen Sie Ihren Psychotherapeuten (oder Ihren gesunden Menschenverstand). Denn leider erzeugt selbst die 4. Gewalt ja auch oft nichts Konstruktives außer Gegengewalt.

Aber was ist jetzt mit den vielen kleinen Löchern, durch die unaufhörlich weiter Wasser dringt. Die vielen kleinen Löcher ohne Betroffenheitslobby oder Dramakonsens. Die vielen Löcher durch die keine Dunja ihr Hallali ruft.

Vielleicht deswegen mein Traum. Die vielen kleinen Löcher, um die sich keiner kümmert, wollten vielleicht etwas sagen. Oder gar um Hilfe rufen?                                                                                    Woran ich häufig denken muss, sind die Kriege und Gewaltexzesse, in der Ukraine, aber eben auch außerhalb.
Ich denke an die kaum wahrgenommenen diskriminierten, benachteiligten Menschen, vielleicht weil sie nicht in die Kategorie LGBTQ..XYZ passen, vielleicht weil sie nur weiß sind, oder gar Männer. Kommen die irgendwo vor, in der medialen Immergrüßtdasmurmeltierspirale? Zumindest muss man schon sehr danach suchen. Am 6. Juni ist der sehbehinderten Tag. Schauen Sie mal an diesem Tag in die Medien. Es ist wirklich schwierig, sogar an diesem Datum,etwas über die Probleme Sehbehinderter zu finden. Eher wieder nur die Themen, die uns zeitgeistblasig sowieso jeden Tag um die Ohren fliegen. Schade.
Ja, man staune, es gibt auch Menschen, die haben unter Autismus zu leiden, unter Charge Syndrom, unter Sehbehinderung, unter.........                                                                                                       Liebe Chefredakteurin Bettina, warum Schausten nicht einfach mal bei Statista nach. Habt Ihr Angst vor dem Licht, das Euch vielleicht aufgeht, über die Schieflage Eurer Themenrelevanz?
Es gibt auch Menschen, die sich nicht abgehängt fühlen, sondern es tatsächlich sind, weil sie keinen Zugang zu sauberem Wasser oder ausreichender Nahrung haben. Kinder an denen sich nicht durch Coronaferien und Lehrermangel „versündigt“ wurde, weil ein Schulbesuch für sie generell an sich schon illusorisch ist. Weil nichts mehr bleibt, wenn man jeden Tag viele km beschwerliche Wege zum Wasserschleppen für das Überleben der Familie auf sich nehmen muss.
Ja stimmt, Sie können es nicht, ich kann es auch nicht- die Not der ganzen Welt retten. Und niemand weiß, wie viel Welt überhaupt noch zu retten ist. Aber ich bin der Meinung, es ist trotzdem wichtig, das zu tun, oder zu unterstützen, was einem persönlich auf dem Herzen liegt. Das kann natürlich auch etwas Omnipräsentes sein, aber bleiben wir uns bewusst, dass es auch dramatisches unterstützenswertes, jenseits des Meinungsmainstream gibt. Es liegt wohl manchmal an unserem anerkennungsabhänigem Wohlbefinden, welches uns von den nicht so sichtbaren Herzensangelegenheiten fern hält. Zu gern sind wir für irgendwas, weil es uns zugleich die Möglichkeit bietet, uns auch gegen irgendwas zu positionieren. Das macht uns lauter, schillernder und verschafft Zugang zu allerlei kuscheligen Anerkennungsblasen. Und das verstehe ich sehr gut und natürlich bin ich da auch gern dabei. Aber ich denke, es birgt die Gefahr, dass man auch Rattenfängern hinterherrennt und kostbare Energie vergeudet, die man sehr effektiv auch an anderer Stelle hätte loswerden können. Und deswegen komme ich jetzt wieder zurück zu den Wasser schleppenden Kindern, die wiederum meine Herzensangelegenheit sind. Wir, als Firma Lehmfa[r]brik unterstützen deswegen regelmäßig die Neven Subotic Stiftung mit Ihrem WASH-Projekt. Wer weiß, vielleicht könnte es ja auch Ihr Herzensprojekt werden. Darum lasse ich mal unauffällig hier einen Link für eine extra auch für Sie eingerichtete Spendenaktion zugunsten des Wash- projektes liegen. Ich denke, die Arbeit der Neven Subotic Stiftung, gehört auch zu denen, deren Sichtbarkeit kaum vorhanden ist, die mich in dem, was sie tun und wie Sie es tun aber sehr überzeugen. Wenn es interessiert, einfach mal selber hereinschauen.

Und ein kleiner Nachtrag für alle Gernhineininterpretierer:                                                                                                                                                                                                                                   Ich habe selber persönlich Kontakte zu Menschen mit Migrationshintergrund, mit „LGBTQ“- Menschen, Menschen mit nicht weißer Haut und es bereichert mich positiv wie negativ. So ist das übrigens mit allen Menschen. Ich denke, nichts ist wichtiger als unvoreingenommener Respekt, Anerkennung, Liebe, jedem Menschen gegenüber. Sogar ich, aus der bösen Randgruppencombo der weißen alten Männer freue mich über Respekt (weiß gar nicht, ob mir das zusteht, ist aber so).                                                                                                                                                                                               Ich finde diesen Krieg schrecklich und finde, es muss natürlich auch darüber berichtet werden.
Ich würde auch gern mehr greifbares dazu erfahren, wie man z. B. tatsächlich zu verlässlichen Verhandlungen kommen könnte.
Aber offenbar findet momentan, genau wie ich, niemand eine schlüssige Antwort darauf. Leider auch Frau Klagenschlecht und Radicalice Schwarzer nicht. Aber das hindert diese eben auch nicht medien- und massenwirksamen Schaum zu schlagen, der alles unter sich erstickt. Vielleicht erstickt es auch Dinge, für die es ansonsten auch Lösungen geben könnte.                                                     Ich fände es einfach schön und mutig, wenn die 4. Gewalt auch mal nach links und rechts der Vougethemen die Augen ein wenig offener halten würde. Und, es wäre auch schön, Menschen als Menschen sehen zu dürfen, ganz ohne Kategorisiererei und Hintergrund und Sprachgebrauchsanalyse. Einfach mal wieder lernen in die Herzen zu schauen, in das unserer Gegenüber und in unser Eigenes.       Aber das wäre schon wieder ein neues Thema.

Und noch ein kleiner Nachtrag für Tante Google (den man nicht gelesen haben muss)                                                                                                                                                                                           Und ja, apropos neues Thema. Ich sollte mal endlich wieder was zu Lehmfarbe bloggen. Es fällt grade schwer und ich frage mich, kann man in diesen Zeiten noch über so Lapidares wie Ästhetik und Raumgestaltung schreiben? Wahrscheinlich doch. Ich denke, man muss das sogar.
Unsere Lehmfarbe mit den ressourcenschonenden, wohn gesunden, minimalstem ökologischem Fußabdruck und der lebendig wohligen Ästhetik gehört vielleicht auch nur zu den ganz kleinen Löcherstopfern. Vermutlich verändern wir die Welt mit Lehmfarben so minimal, dass sie nicht mal der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein sind. Aber für Ihr Wohlbefinden möchten wir mit unseren Lehmfarben trotzdem gut beitragen. Und wer weiß, vielleicht wären einige Despoten dieser Welt gar nicht zu Diesen geworden, hätten sie sich mal mehr mit Lehmfarben beschäftigt. Vielleicht hätte man dem kleinen Putin in seiner Kindheit nur etwas Liebe und Ästhetik angedeihen lassen können und alles hätte besser kommen können. Wie auch immer. Im nächsten Blog soll es dann darum gehen, wie man aus der Not des überbordenden Aufwandes eine ästhetische Tugend machen kann, natürlich mit Lehmfarbe.

So insgesamt siebenmal das Wort Lehmfarbe untergebracht. Mal sehen, was es bringt, bei Tante Google. Etwas Aufmerksamkeitsheischerei für die Suchmaschine hält letztendlich auch uns am Leben. Sie wissen schon, die kleinen und die großen Löcher.

Viele Grüße und eine, trotz allem, gute Zeit,
Ihr Andreas Tietz aus der Lehmfa[r]brik

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